„Manchmal geben wir zusätzlich Gas, um rechtzeitig anzukommen.“

Sie mögen denken, dass Piloten ausschließlich damit beschäftigt sind sicher von A nach B zu fliegen, und dass wirtschaftliche Interessen ihres Arbeitgebers dabei eher im Hintergrund stehen. Nichts ist weniger wahr als das. In einem offenen Gespräch mit einem Piloten kommen einige interessante Fakten auf den Tisch.

Sind Piloten dazu angehalten Verspätungen zu vermeiden?

"Ja, zusätzlich zur Gewährleistung der Sicherheit des Fluges, wird von uns Piloten erwartet, wenn es im Rahmen des Möglichen liegt, Verspätungen zu vermeiden und wenn nötig etwas mehr Gas zu geben. Die Zeitpläne sind sehr eng geplant, und es kann die Airline eine Menge Geld kosten, wenn wir mit einer Verspätung von drei Stunden oder mehr ankommen. Es ist eine ziemlich einfache Rechnung: wenn die Passagiere eines ganzen Fliegers entschädigt werden müssen, kann dies zwischen € 60.000, und € 180.000 kosten. Wenn die Zeit also knapp wird, sind wir dazu angehalten auch mal einige tausend Euro mehr an Kerosin zu verbrauchen, um die Verspätung zu reduzieren."

Ist das nicht gefährlich? Und warum wird nicht immer so schnell wie möglich geflogen?

„Nein, als Passagier merkt es nicht, ob wir etwas extra am Gashebel drücken. Gefährlich ist es sicher nicht, da gibt es in der Luftfahrt keine Kompromisse. Schneller zu fliegen ist allerdings teuer und umweltschädlicher."

Aber planen Fluggesellschaften nicht immer schon ohnehin gewisse Spielräume ein, um eine Verspätung und Entschädigungszahlung zu vermeiden?

„Absolut richtig. Angenommen, Sie haben einen Flug von 4 Stunden (auf dem Ticket) gebucht, so ist es für uns meist immer noch möglich innerhalb von 3 Stunden am Ziel anzukommen, und etwas Zeit zu sparen. Das gibt uns eine gewissen zeitliche Entlastung. Neben der Möglichkeit schneller zu fliegen, besteht auch die Option den Weg zu ‚schneiden‘ und eine kürzere Strecke zu fliegen. Dafür stehen wir in Kontakt mit anderen Flugzeugen und der Luftverkehrskontrolle, sprechen uns ob, sodass wir manchmal wenn nötig auch eine kürzere Route fliegen können. "

„Manchmal erfasst man einen Vogel, manchmal einen ganzen Schwarm.“

Habe ich als Passagier denn ein Recht weniger für mein Ticket zu bezahlen, wenn der Flug verspätet ist? Durch viele verschiedene Tricks entzieht sich die Fluggesellschaft immer wieder den Entschädigungen, oder?

„Ja und nein. Ist es Ihre Absicht, Geld für einen Flug zu bekommen oder möchten Sie vor allem sicher an Ihrem Ziel ankommen, sodass Sie Ihren wohlverdienten Urlaub genießen können? Manchmal habe ich das Gefühl, dass auch die Menschen etwas Verständnis haben sollten. Die EU-Verordnung wurde hauptsächlich deshalb erlassen, da einige Airlines ihre Flugpläne absichtlich zu eng gestaltet haben, oder ihre Flüge zu häufig überbucht haben, sodass oft vielen Passagieren der Zugang an Bord verhindert wurde. Das durfte so nicht weitergehen, und es ist deshalb richtig, dass Regelungen eingeführt wurden. Allerdings müssen die Airlines heutzutage für fast alles eine Entschädigung zahlen, auch wenn die Passagiere nur für ein paar Euros an ihr Ziel kommen. Bei Zügen, beträgt die Entschädigung nicht einmal die Hälfte des Tickets. Ich finde, dass es daher eine logische Konsequenz ist, dass Fluggesellschaft ihr Bestes tun, um die Verspätungen zu vermeiden und etwas mehr Freiräume zu bekommen."

Etwas ganz anderes, haben Sie jemals einen Vogelschlag erlebt?

„Ja allerdings, das habe ich. Das kann ein ganz schönes Durcheinander geben. Sie stehen bereit zum Abflug, und plötzlich sehen Sie, wie sich ein ganzer Schwarm von Vögeln entscheidet in Ihre Flugbahn zu flattern. Dann wissen Sie bereits, was passieren wird "

Und dann?

„Manchmal erfasst man nur einen Vogel, und manchmal den ganzen Schwarm. Normalerweise ist dies kein Problem. Wenn die Vögel allerdings in die Turbinen fliegen, kann dies die auf den Tausendstel Millimeter genau justierten Rotorblätter beschädigen. Das geschieht aber wenn dann nur bei größeren Vögeln. Aus dem Cockpit können wir glücklicherweise gut kontrollieren, ob etwas beschädigt wurde. Wenn keine Lichter beginnen zu leuchten, fliegen wir ganz normal weiter. Bei der Ankunft muss das Flugzeug dann allerdings auf Vogelreste geprüft werden. Das ist dann wieder einmal eine wirtschaftliche Überlegung. Beinahe alle Flughäfen sind darauf angewiesen, dass ein Fachmann zur Kontrolle oft von weiter weg anreisen muss. Dies kann eine lange Zeit dauern, in welcher das Flugzeug nicht für weitere Flüge zur Verfügung steht."