Außergewöhnliche Umstände – was bedeutet das für Ihren Entschädigungsanspruch?
Fluggesellschaften lehnen Entschädigungsforderungen häufig ab, mit der Begründung, es habe außergewöhnliche Umstände gegeben. Lassen Sie sich davon nicht verunsichern. Viele solcher Begründungen sind unzutreffend. Dennoch gibt es Situationen, in denen tatsächlich kein Anspruch auf Entschädigung besteht.
Was sind außergewöhnliche Umstände?
Nach EU-Verordnung 261/2004 liegt ein außergewöhnlicher Umstand vor, wenn alle drei Kriterien erfüllt sind
- Unvorhersehbar – das Ereignis tritt unerwartet ein.
- Unvermeidbar – selbst bei allen zumutbaren Maßnahmen der Airline wäre die Störung nicht zu verhindern gewesen.
- Extern verursacht – das Ereignis liegt nicht im Einflussbereich der Fluggesellschaft.
Ein Beispiel dafür ist der Putschversuch in der Türkei am 15. Juli 2016, der zahlreiche Flugverspätungen und -annullierungen zur Folge hatte. Dieses Ereignis war weder absehbar noch von den Airlines beeinflussbar und entstand ausschließlich durch externe politische Faktoren. Daher gilt es als außergewöhnlicher Umstand. In solchen Fällen trifft die Fluggesellschaft keine Schuld und Passagiere haben für Verspätungen oder Ausfälle an diesen Tagen keinen Anspruch auf Entschädigung.
Beweispflicht liegt bei der Airline
Die Airline muss im Streitfall nachweisen:
- dass tatsächlich außergewöhnliche Umstände vorlagen, und
- dass diese Umstände konkret den betroffenen Flug beeinflusst haben, und
- dass alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen wurden, um die Störung zu vermeiden.
Beispiele für außergewöhnliche Umstände
Manche Ereignisse können den regulären Flugbetrieb erheblich stören, liegen aber außerhalb der Kontrolle der Airline. Im Folgenden finden Sie einige Beispiele solcher außergewöhnlichen Umstände.
Streiks
Streiks gelten grundsätzlich als außergewöhnlicher Umstand, wenn sie nicht von der Airline beeinflusst werden können.
- Flughafenpersonal (z.B. Gepäckabfertigung, Sicherheitspersonal, Flughafenleitung / Tower-Personal)
Besondere Fälle:
- Pilotenstreiks einer einzelnen Airline müssen individuell geprüft werden
Sicherheitsrisiken & politische Ereignisse
- Krieg, politische Unruhen, Terrorgefahr
- Bombendrohungen oder Sprengstofffunde
- Sabotage am Flugzeug oder an der Flotte
- Flughafenschließungen aus Sicherheitsgründen
- Entfernung von unbegleitetem Gepäck oder aggressiven Passagieren
Extreme Wetterbedingungen
- Sturm, Orkan, Nebel, Vereisung
- Blitzschlag, Hagelschäden, schwere Turbulenzen
- Naturkatastrophen wie Erdbeben oder Aschewolken (z. B. Vulkan Eyjafjöll 2010)
- Engpässe bei Enteisungsmitteln aufgrund extremer Bedingungen
Vogelschlag (Birdstrike)
- Kollision mit einem Vogel während des Flugs bzw. beim Start oder bei der Landung, die eine sofortige Inspektion und ggf. Reparatur des Flugzeugs erforderlich macht.
Flugverkehrsmanagement / ATC
- Entscheidungen der Flugsicherung (Luftraumsperrungen, Kapazitätsbeschränkungen)
- Schließung oder Beschränkung von Start- und Landebahnen
Medizinische Notfälle / Personenbezogene Gründe
- Akute Erkrankung oder Todesfall von Passagieren oder Crewmitgliedern
- Notlandung aufgrund medizinischer Gründe
- Entfernung aggressiver oder gefährlicher Passagiere, die Verspätungen verursacht
Unerwartete Flugsicherheitsmängel / technische Probleme
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Schäden an der erstgradigen oder zweitgradigen Flugzeugstruktur (z. B. Metall oder Verbundstoff) durch Dritte, die eine unverzügliche Inspektion und/oder Reparatur erforderlich machen
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Beispiel: Kollision mit einem Flughafenfahrzeug
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Beschädigung des Flugzeugs während des Fluges durch ein externes Objekt, die eine sofortige Inspektion und/oder Reparatur erforderlich macht
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Entdeckung eines versteckten Herstellungsfehlers des Flugzeugherstellers, der Sicherheitsrisiken darstellt und vorher nicht erkannt werden konnte
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Jedes technische Problem, das den Piloten zwingt, den Flug umzuleiten oder umzudrehen
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Rauch, Feuer oder Gerüche an Bord, sofern nicht durch Wartungsmängel oder Fehler bei operativen Maßnahmen verursacht
Situationen, die keine außergewöhnlichen Umstände darstellen
- Technische Defekte aufgrund mangelhafter Wartung
- Planbare technische Probleme
- Fehler in der Einsatzplanung (Crew „out of hours“)
- Schlechte operative Planung (enge Anschlusszeiten etc.)
Hier besteht grundsätzlich Anspruch auf Entschädigung, sofern die Verspätung mindestens 3 Stunden bei Ankunft beträgt oder der Flug annulliert wurde.
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